Wir starten bergauf, wie könnte es anders sein. Gut, dass wir heute keinen Pullover anhaben, denn es ist wärmer als gestern und dann noch mit der Anfangssteigung wird einem ganz schön heiß. In einem Vorort finden wir eine große Bäckerei mit einer verschlafenen jungen Verkäuferin und zwei anderen, die offensichtlich beim OBI eingeschult wurden, denn sie waren nur sporadisch zu sehen und sofort wieder weg, wenn man sie ansprechen wollte. So dauert es ein ganze Weile, bis wir unsere zwei Wurstsemmeln samt Kaffee bekommen.

Unseren ersten kurzen Stopp machen wir in Crailshaim an der Jagst.

Außer einem kleinen Schloss mit Hotelbetrieb, dürfte in dem Ort alles ausgestorben sein. Fast alle Läden stehen leer, nur das Café im Schloss hat geöffnet.

Also fahren wir weiter. Wir kommen wieder zu einer Stelle, die zwar als Fahrradtour gelten soll gemäß Komoot, aber bestenfalls einem Alpinisten ohne Rad zumutbar ist. Wir kämpfen uns aber auch hier wieder einmal erfolgreich hoch, immer wieder die Kuhmistdunstwolken einatmend, die von wer weiß woher durch den starken Wind in unsere Gegend getrieben werden. Der Wind kostet wirklich enorme Anstrengungen und egal in welche Richtung wir abbiegen, haben wir das Gefühl, er kommt immer genau von vorne.

Mit fast leerem Akku (mein Fahrrad) kommen wir nach Rothenburg ob der Tauber.

Nach einem Kreisverkehr winkt der erste Torturm.

Eine in weiten Teilen sehr gut erhaltene Stadtmauer zieht sich durch das wunderbare mittelalterliche Städtchen. Überall Fachwerkshäuser, soweit das Auge reicht.

Wir suchen unsere Unterkunft und werden in einem alten Fachwerkshaus fündig. Unsere Räder können wir im Erdgeschoss in ein heute nicht vermietetes Fremdenzimmer stellen. Wir selbst sind im 2. Stockwerk untergebracht. Betritt man das Zimmer, wird man wie von unsichtbarer Hand in Richtung Außenwand gedrängt. Das liegt daran, dass das zirka drei Meter breite Zimmer ein Gefälle von 20 – 25 cm von der Tür zur Außenwand aufweist. Irgendwie ein beklemmendes Gefühl, sich in ein Bett zu legen, das abzurutschen scheint. Doch man gewöhnt sich daran. Nach dem Duschen legen wir wieder mit Sightseeing los.

Überall finden sich Wehrtürme und Stadtmauerteile. Das bringt mich dazu, euch die heutige Legende nahe zu bringen, nämlich wie eine Trinkwette Rothenburg ob der Tauber gerettet haben soll:

Während des Dreißigjährigen Krieges stand der kaiserliche Heerführer Tilly 1631 schon seit zwei Tagen mit 60 000 Mann vor der Stadt. Rothenburg war protestantisch, Tilly kämpfte für den katholischen Bund. Als am 30. Oktober das Pulverlager in einem der Türme der Stadtmauer explodierte, brach die Befestigung der Stadt. Tilly ließ Rothenburg stürmen. Er verurteilte alle Stadträte und den Bürgermeister zum Tod. Doch plötzlich – als er einen Willkommenstrunk gereicht bekam – hielt er ein und änderte seine Meinung. Tilly bot den Rothenburgern überraschend eine Wette um ihr Leben an. Sie sollten darum trinken. Jede Menge fränkischen Wein. Der Bürgermeister nahm die Wette an, was blieb ihm anderes übrig. Dreieinviertel Liter sollen in dem Humpen gewesen sein, den er ohne abzusetzen austrank und der Rothenburg schließlich vor schlimmeren Übeln bewahrt hat. Die Stadträte durften leben, die Stadt wurde weitgehend verschont. Alles, weil der Altbürgermeister Georg Nusch den ganzen Humpen in einem Zug austrinken konnte. Ein Meistertrunk. 

Die Legende wird jährlich zu Pfingsten und bei den Reichsstadttagen im Herbst als Theaterstück aufgeführt. Inzwischen kommen an gut besuchten Pfingsttagen bis zu 25.000 Menschen nach Rothenburg. Neben der Theateraufführung gibt es historische Umzüge und Feldlager, die einen Einblick in den Dreißigjährigen Krieg geben. Die Veranstaltung zählt seit 2016 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.

Wenn man so durch die Stadt schlendert, wundert es einem nicht, dass sie als Filmkulisse für zahlreiche Filme – unter anderem: Tschitti-Tschitti-Bäng-Bäng, Der Rattenfänger von Hameln, Trotzkopf, Kaspar Hauser, Martin Luther, Der blaue Engel und ca. 20 weitere – diente.

Das Mittelalterliche Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber ist ein deutsches Rechtskundemuseum und gibt einen Einblick in das Rechtsgeschehen der letzten 1000 Jahre. Es befindet sich seit 1977 in der Burggasse 3.

Es gibt auch mehrere Geschäfte, die Weihnachten und Christkindl als Thema für ihr Sortiment haben.

Wir wandern steil bergab zum Flüsschen Tauber und der sehenswerten Doppelbrücke.

Ein Stück weiter weg, steht das Topplerschlösschen, das vom Rothenburger Bürgermeister Heinrich Toppler im Jahr 1388 im Bautyp eines sogenannten Weiherhauses, einer Sonderform des „Festen Hauses“, als Sommerhaus errichtet wurde.

Den Unterbau des Schlösschens bildet ein turmartiger, zweigeschossiger Bruchsteinsockel. Auf diesem sitzen zwei weit vorkragende Fachwerkobergeschosse mit steilem Satteldach. Kleine Herrenhäuser dieses Typus waren im Spätmittelalter häufig, sind jedoch äußerst selten erhalten. Das Gebäude stand ursprünglich in einem künstlichen Weiher mit einem größten Durchmesser von 55 m, der durch eine Quelle gespeist wurde. Bei Bedarf konnte das Wasser über die Fuchsmühle in den Mühlbach abgelassen werden. Über den heute trockenen Hausteich führte ursprünglich eine Zugbrücke, heute übernimmt ihre Funktion eine Steinbrücke aus dem 16. Jahrhundert. Davor lag eine ummauerte Vorburg. Zu der Anlage gehören noch ein Wohnhaus, ein Brunnen und ein Nebengebäude aus dem 18. Jh.

Das vollständig erhaltene Gebäude ist mit Möbeln aus dem 16. bis 19. Jahrhundert eingerichtet. Einmal im Monat kann man das Haus auf ein paar Stunden besichtigen. Der stolze Eintrittspreis beträgt 25 Euro pro Person.

Wir wandern wieder empor zur Stadt.

Wieder kommen wir durch ein Tor im Turm auf die andere Seite der Stadtmauer.

Zum Abschluss besuchen wir noch die evangelische St. Jakobs-Kirche.

Im Oberstock befindet sich das Heiligblut-Retabel von Tilman Riemenschneider. Über dem Schnitzaltar soll sich Blut von Christus in einem Kreuz befinden.

Jetzt plagt uns langsam der Hunger und so gehen wir in ein asiatisches Restaurant und danach noch auf einen Drink.

Genug für heute, morgen geht´s weiter. Gn8.

1 Kommentar

  1. In Rothenburg ob der Tauber war ich schon mal. Ich kann mich an die wunderschönen Häuser noch erinnern, an mehr aber nicht.
    Den Vergleich mit den OBI-mitarbeitern finde ich lustig. LG Elfi

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