Die heutige Etappe soll eine Rolletappe werden, ohne großartige Anstiege und Gefälle. Wir fahren von Karlsruhe auf einer Art Fahrradautobahn los, durch einen Wald. 7,5 km schnurgerade, dann kommt ein Haken über einen Kanal, dann geht es wieder 8 km schnurgerade dahin.

Die erste Station heute soll Speyer sein. Doch unsere Routenführung auf der Komoot-App führt nicht nach Speyer. Mein Fehler. Ist aber kein Problem, denn ich habe fliegend umdisponiert. Sind halt letztlich ein paar Kilometer mehr geworden. Sagte ich gerade „kein Problem“? Tja, offensichtlich nicht für alle…

Nun, wir kommen über die Brücke am Rhein und sind auch schon am Speyerer Dom angekommen. So wird der Kaiser- und Mariendom zu Speyer bezeichnet. Er zählt zu den drei romanischen Kaiserdomen in Deutschland.

Nach der teilweisen Zerstörung der Abtei Cluney während der Herrschaft Napoleons ist er die größte erhaltene romanische Kirche der Welt. Seit 1925 hat er den Stand einer Basilika minor, seit 1981 steht er auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste.

Die Gruft schließt als eine Art Vorraum auch die ehemalige Vorkrypta mit ein. Dort ist auch die Grabplatte Rudolf von Habsburg aufgestellt, die als das erste bekannte und überlieferte lebensechte Porträt einer Person des Mittelalters gilt.

Vier Könige und vier Kaiser liegen hier begraben.

Wir verlassen den Dom durch das riesige Portal.

Der Domnapf westlich des Domes, im Kreuzungspunkt mehrerer Straßen, bildete ursprünglich die Grenze zwischen dem Gebiet der ehemaligen freien Reichsstadt und der sogenannten Dom-Immunität. Ein Delinquent, der zum Domnapf flüchten konnte, durfte nicht mehr richterlich belangt werden. Der Domnapf trennte die Freie Reichsstadt Speyer vom Hoheitsgebiet des Bischofs.

Wenn ein neuer Bischof in die Stadt einzog, endete hier das von der Stadt beanspruchte Geleitrecht. Bei dieser Gelegenheit musste der Bischof den Napf mit Wein füllen, und jeder Bürger hatte das Recht, daraus zu trinken. Der Domnapf fasst 1580 Liter.

Das Heidentürmchen ist ein Rest der mittelalterlichen Stadtmauer, die Bischöfe und Bürger als  Speyerer Stadtbefestigung geschaffen hatten, und steht östlich des Doms. Es hat seinen Namen von seiner ursprünglichen Lage zwischen dem sumpfigen Rheinufer und dem bebauten Domhügel, einem Gebiet, das man im Mittelalter als Heide (= Brachland) bezeichnete.

Das Heidentürmchen wurde um das Jahr 1281 erbaut und ist neben dem Altpörtel der einzige von ehemals 21 Türmen des inneren Stadtmauerrings; insgesamt zählten die Stadtmauern von Speyer rund 68 Türme.

Noch eine Sage gefällig?

In einer stürmischen, stockdunklen Oktobernacht im Jahre 1813 kauerte ein Fährmann neben seinem Boot am Rhein. Er versuchte, sich so gut wie möglich vor dem kalten Wind zu schützen und starrte aufs Wasser hinaus. Dumpf hörte er, wie die Domuhr zwölf schlug. Da spürte er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter und zuckte zusammen. Eine große, in einen schweren Umhang gehüllte Gestalt stand hinter ihm. Freundlich, aber bestimmt wurde der Mann aufgefordert, den Fremden auf die andere Seite des Rheins zu bringen.

Der Fährmann wollte gerade die Taue lösen, um abzulegen, da tauchten vier weitere Hünen aus dem Dunkel der Nacht auf. Diese glichen in ihrem Aussehen dem Ersten. Nun erkannte der Mann auch, dass sie eiserne Kronen auf ihren Häuptern trugen. Als alle sich auf dem Boot befanden und der Fährmann schon fürchtete, dass sein Boot zu schwer beladen war und sinken könnte, erfasste eine Böe das Gefährt und zog es mit ungeheurer Geschwindigkeit ans andere Ufer. Beim Aussteigen bedankten sich die dunklen Gestalten bei dem immer noch erstaunten Mann und versprachen ihm eine Belohnung bei ihrer Rückkehr.

Einige Nächte später, als der Fährmann wieder an seinem Platz saß, hörte er von der anderen Seite des Rheins eine kräftige Stimme rufen: „Hol über!“ Der Mann tat wie ihm geheißen und fuhr ans andere Ufer. Dort warteten wieder die fünf Hünen, die er bereits Tage zuvor übergesetzt hatte. Im Mondlicht sah der Fährmann nun auch die Rüstungen und Schwerter unter ihren Umhängen hervorblitzen.

Alles andere geschah wie beim ersten Mal. Sobald sich die riesigen Gestalten auf der Fähre befanden, wurde diese wie von Geisterhand sicher und schnell ans andere Ufer gebracht. Noch vor dem Aussteigen erhielt der Fährmann den versprochenen Lohn. Dann bewegten sich die Wesen lautlos und wie riesige Schatten auf den Dom zu, wo sie verschwanden.

Auch diesmal blieb der Fährmann verwundert zurück. Er konnte sich die Geschehnisse nicht erklären, solange er auch grübelte.

Doch als die flüchtenden Franken nach der Schlacht bei Leipzig zum anderen Ufer, nach Speyer, gebracht werden wollten, wusste er genau, wen er in den Nächten zuvor übergesetzt hatte. Voller Stolz und Genugtuung dankte er den Kaisern in der Gruft im Dom zu Speyer, die geholfen hatten, Deutschland von fremder Herrschaft zu befreien.

Bei einem kurzen Spaziergang durch die Fußgängerzone treffen wir einen alten Bekannten, einen Jakobspilger…

Gleich darauf die passende Werbung in einer Auslage:

Wir kaufen keine, sondern fahren weiter nach Heidelberg.

Heidelberg ist eine der wenigen deutschen Großstädte, die im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurden. Eine Besonderheit ist die barocke Altstadt, die – nach den Zerstörungen in den Jahren 1689 und 1693 – auf mittelalterlichem Grundriss neu errichtet wurde. In der Altstadt, die mit 1,6 km Länge eine der längsten Fußgängerzonen Europas hat, befinden sich auch die meisten der bedeutenden Bauwerke. Im gesamten Stadtgebiet stehen etwa 2830 Gebäude unter Denkmalschutz!

Der Marstall eine ehemalige Unterbringung für Pferde.

Wir begeben uns zum Kornmarkt.

Von dort geht eine Standseilbahn hinauf zum Heidelberger Schloss, eine der berühmtesten Ruinen Deutschlands und das Wahrzeichen der Stadt. Das Bauwerk entstand ursprünglich als wehrhafte Burg an strategisch günstiger Lage oberhalb einer Verengung des Neckartals und wurde später zur prachtvollen Residenz der Kurfürsten von der Pfalz ausgebaut.

Seit den Zerstörungen 1689 und 1693 im Pfälzischen Erbfolgekriegs wurde das Schloss nur teilweise restauriert. 1764 besiegelte ein weiterer Brand nach Blitzschlag das Los des damals gerade renovierten Schlosses. Es wurde aufgegeben und die Ruine als Steinbruch (Baumaterial) für das neue Schwetzinger Sommerschloss und später für die Heidelberger Bürger verwendet, bevor es Ende des 18. Jahrhunderts von Literaten entdeckt und als Sinnbild für die Vergänglichkeit, in der Epoche der napoleonische Kriege aber auch als patriotisches Monument begriffen wurde.

Die Schlossruine erhebt sich 80 Meter über dem Talgrund am Nordhang des Königstuhls und dominiert von dort das Bild der Altstadt. Der Ottheinrichsbau, einer der Palastbauten des Schlosses, gehört zu den bedeutendsten Bauwerken der Renaissance nördlich der Alpen.

Der Legende nach soll sich eine Hofdame mit einem Edelmann in den Gemächern des Friedrichsbaus vergnügt haben. Als man das Liebespärchen in flagranti erwischte, soll der Ritter aus Verzweiflung aus dem Fenster gesprungen sein. Der Eisenschuh seiner Rüstung habe dabei den tiefen Abdruck im Sandstein des Großen Altans hinterlassen.

Heute ist es ein beliebter Spaß für Besucher von Schloss Heidelberg, mit ihrem eigenen Schuh in den „Rittersprung“ zu treten. Wenn der Abdruck passt, dann soll der Sage nach den Besitzer des Schuhs ein glückliches Leben erwarten.

Noch heute ist ein mächtiges Holztor im Torturm von Schloss Heidelberg zu sehen. Eine kleine darin eingelassene Pforte gewährte einst dem Fußvolk Zugang. Ein schwerer Eisenring diente als Klopfer, um sich bei der Wache bemerkbar zu machen. In Heidelberg erzählte man sich damals Folgendes: Wem es gelang, den Eisenring mit seinen Zähnen durchzubeißen, würde das Schloss und alles, was sich darin befände, als Geschenk erhalten. Auch eine Hexe soll einst zum Schloss gekommen sein. Der Besitz der stolzen Residenz lockte sie und so probierte sie, den Eisenring durchzubeißen. Doch ihre Zauberkräfte reichten nicht aus und ihre Zähne zerbrachen an dem harten Metall. Wütend verließ sie Schloss Heidelberg und ließ als Zeugnis den berühmten „Hexenbiss“ am Eingangstor zurück. 

Der kleinwüchsige Perkeo diente zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Hofnarr unter Kurfürst Carl Philipp von der Pfalz. Seine Späße und seine Liebe zum Wein machten ihn berühmt – ein Becher Wasser führte angeblich zu seinem Tod.

Perkeo, der eigentlich Clemens Pankert hieß, war Hofmeister und Mundschenk des Kurfürsten. Damit hatte er die Verantwortung für den kurfürstlichen Weinbestand. Der kleine Mann aus Salurn zeichnete sich jedoch selbst durch einen enormen Weinkonsum aus. Auf die Frage, ob er noch einen Becher Wein leeren wolle, soll Perkeo stets in Italienisch geantwortet haben: „Perché no?“ – „Warum nicht?“. So erhielt er seinen berühmten Namen Perkeo.

Wir gehen wieder zurück zur Standseilbahn, um hinunter zu fahren. Ich muss aber leider feststellen, dass ich mein Ticket irgendwo auf dem Gelände ausgestreut habe. Alles Suchen in den Taschen und auf den Wegen, die ich gegangen bin, hilft nichts. Ich könne natürlich alleine zu Fuß runter gehen oder mir ein neues Ticket kaufen, klärt mich die beste Ehefrau von allen auf. Ich wähle einen anderen Weg: Meine rastlosen Blicke erspähen 10 m vor dem Eingang zur Seilbahn ein anderes Ticket, das offensichtlich jemand am Vormittag (10 Uhr 21) verloren hatte. Ich hebe es auf und passiere damit die elektronische Sperre. Bingo!

Wir besuchen noch das zweite Wahrzeichen, die alte Brücke. Der offizielle Name der Alten Brücke ist Karl-Theodor-Brücke. Sie gehört zu Deutschlands ältesten Brückenbauten und wurde 1284 erstmals urkundlich erwähnt.

Es gab viele Vorgängerbauten aus Holz, die jedoch wiederholt durch Eisgang zerstört wurden. In ihrer heutigen Form wurde sie 1788 erbaut, jedoch wurden gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zwei Pfeiler von der Wehrmacht gesprengt, um die vorrückenden alliierten Truppen aufzuhalten. Im Jahr 1947 war die Brücke vollständig rekonstruiert.

Am Ende der Brücke befindet ein Doppelturm und gleich daneben ein Affe mit einem Keks (?).

Die Mäuse hätten auch gerne etwas davon ab.

Bis morgen.

2 Kommentare

  1. Also Walter, diesmal bist DU derjenige, der etwas verliert oder verlegt. 😉
    Speyer gefällt mir ausgesprichen gut. Heidelberg ist auch schön, aber anders.
    Gute Weiterfahrt. LG Elfi

  2. Hallo Walter, da sind sehr schöne Besichtigungen und mit den Fahrrad nach Deutschland zu reisen ist Wahnsinn und cool 😎.
    Wünsch dir und Elfi noch viel spaß auf eurer Reise.
    Liebe Grüße von uns die Familie Elmasri

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