Die Stadt Taschkent ist über 2.200 Jahre alt, liegt am Ufer des wasserreichen Flusses Tschirtschik. Bis ins 20. Jahrhundert hatte die historische Stadt 25 km Stadtmauer mit 5 m Höhe, umgeben von einem tiefen Burggraben. Von der Altstadt mit ihren Lehmbauten ist leider nicht mehr sehr viel übrig. Das liegt aber nicht am lieblosen Umgang mit den Gebäuden. Sondern daran, dass 1966 die Stadt von einem gewaltigen Erdbeben heimgesucht wurde. Das forderte zwar kaum Menschenleben, aber die historischen Lehmbauten zerbröselten im Nu. In den darauffolgenden zwei Jahren gab es mehr als 1.000 weitere Erdstöße geringerer Bebenstärke, aber die Bevölkerung war mehr als verunsichert.
Die damalige Sowjetunion reagierte sofort und schickte tausende Bauarbeiter, die in kurzer Zeit Wohnblöcke für die 75.000 Familien, die in Mitleidenschaft gezogen waren, hochzogen. Diese geballte Hilfe war mehr als notwendig, führt aber dazu, dass die Innenstadt heute als Museum für Plattenbauarchitektur gilt.
Wir besuchen das Denkmal, das an das Beben vom 26. April 1966, das um fünf Uhr dreiundzwanzig begann, erinnert.
Gleich daneben steht berittene Polizei der Stadt. Herbert Kickl würde sicher feuchte Augen bekommen bei dem Anblick.
Gleich darauf sehen wir Heerscharen an orange gekleideten Arbeitern, samt ein paar zivil gekleideten „Obermuftis“, die die Hundertschaften an Hilfsgärtnern einteilt. Mittelstreifen und Randstreifen der Straßen werden mit Rollrasen ausgelegt und dazwischen Rabatte angelegt mit Blumen und Kräutern.
Der russische Staatschef Putin soll morgen auf Staatsbesuch kommen und da soll alles hübsch sauber ausschauen. Von Salbei über Ringelblumen, alles wird gesetzt. Lediglich Vergissmeinnicht haben sie sich dann doch nicht getraut zu pflanzen.
Von allen Posten der Stadt wurden die Leute abgezogen um Gärtnerdienste zu leisten.
Auch die Studenten wurden verpflichtet Schaufel und Harke in die Hand zu nehmen und ihren Beitrag für das Vaterland zu leisten. Mürrische Gesichter waren der Standard bei den jungen Burschen. Die Betonstreifen zwischen den beiden Fahrtrichtungen wurden ebenso noch schnell weiß angestrichen.
Das Polizeiaufgebot in der Stadt war enorm. Gepanzerte Polizeifahrzeuge mit MG-Turm habe ich drei gesehen, aber nicht fotografiert. Ich wollte nicht als staatsfeindlicher Spion in Usbekistan erkannt werden.
Der nächste Weg führt uns an einer neu in Bau befindlichen riesigen Moschee vorbei. Diese wird nicht von einer islamischen Glaubensgemeinschaft finanziert, sondern vom Staat. Man möchte nicht, dass beispielsweise die saudischen Wahabiten so eine Moschee errichten und dann Einfluss auf die zu bestellenden Imame haben. Die Ausbildung angehender Imame findet daher auch auf staatlichen Universitäten im Inland statt. Des weiteren werden die Konzepte der Predigten in den Freitagsmoschee im vorhinein zur Prüfung verlangt. So will man Radikalismus hintanhalten.
Gleich daneben kommen wir zu einer wiedererrichteten Moschee, deren Vorgänger das Erdbeben nicht überstanden hatte. Überall sehen wir Bäume , Sträucher, also sehr viel grün. Das macht im Sommer das Leben in der Stadt weit verträglicher. Die Stadtverwaltung hat bereits im 19. Jahrhundert eine Verordnung heraus gegeben, das die Bevölkerung verpflichtet, in den heißen Sommermonaten morgens um fünf Uhr aufzustehen und die Innenhöfe ihrer Wohnhäuser und die Gassen davor zu bewässern, um dadurch eine bessere Abkühlung zu erreichen. Bei Sommertemperaturen von oft mehr als 40 Grad, wirken sich einige Grade Abkühlung schon aus.
Gleich dahinter ein großer Platz mit dem Hazrati-Imam-Komplex mit der Medrese Barak-Khan.
Der Innenhof der Medrese wird heute von Händlern für traditionelle Handwerkskunst benutzt. Traditionelle Handwerkskunst ist in Usbekistan steuerbefreit. Einige Touristinnen benutzen die Gelegenheit sich traditionell einzukleiden, denn damit macht man in Europa sicher Eindruck.
Daneben untenstehendes Gebäude, das in eine Bibliothek mit wertvollen Meisterwerken islamischer Kalligraphie umgewandelt wurde. Wir dürfen nur mit Überschuhen (wie im OP-Saal eines Krankenhauses) oder ohne Schuhe die Räumlichkeiten betreten, denn ein besonders wertvolles Stück befindet sich im Hauptraum dieser Bibliothek: Der Koran des dritten Kalifen Osman aus dem 7. Jahrhundert, den Timur hierher gebracht haben soll. Es herrscht absolutes Fotografierverbot. Ähnlich wie bei der Bibel handelt es sich hier auch um die Verschriftlichung mündlicher Überlieferungen der Aussagen Mohammeds, einige Generationen nach seinem Tod. Mohammed selbst war angeblich Analphabet, konnte also selbst nicht schreiben und lesen, was nicht sehr glaubwürdig erscheint, weil er doch Kaufmann war.
Das letzte Gebäude des Komplexes ist das Mausoleum für Kaffal Schaschi, der zu den Sufis gehörte und in Bagdad wirkte. Taschkent war seine Heimat. Wir gehen nicht ins Mausoleum, den viele Pilger verehren dann Mann noch immer und bei denen kommt es nicht so gut an, wenn eine Horde Touristen auf seinem Grab herum trampelt.
Von den Sufis hörten wir in den letzten Tagen immer wieder. Hier eine Fotografie einer alten Ansicht aus dem 19. Jahrhundert.
Wie in den letzten Tagen auch fahren wir zum Chorsu-Basar, der einer riesigen Kuppel oder einem Zelt gleicht. Innen drinnen sind die Stände ringförmig angeordnet und es gibt auch eine Galerie, die mit Nuss- und Süßigkeitenhändlern besetzt ist.
Außen herum finden sich noch viele weitere Stände und Hallen.
In einer dieser Hallen sind die Bäcker zu Hause. Eine Großfamilie schaukelt den Laden mit insgesamt fünf Backöfen. Von drei Uhr in der Früh bis 18.00 wird hier gebacken.
Selbstverständlich kaufen wir uns auch eines und vertilgen es noch fast heiß. Gleich dahinter finden sich offene Restaurantstände.
Es duftet zwar hervorragend, doch das Abenteuer U-Bahn ruft. Es gibt drei Linien unterirdisch und eine oberirdische Verbindungslinie. Umgerechnet 17 Cent kostet eine Fahrt. Dabei ist es egal wie lange man fährt oder umsteigt. Erst beim Verlassen der U-Bahn verliert das Ticket seine Gültigkeit.
Die Linien sind gut besucht, trotzdem wird einem sofort Platz angeboten. Die jungen Leute werden vom Elternhaus darauf gedrillt, älteren Personen einen Platz anzubieten. Außerdem ist heute Schulschluss für drei lange Monate, da fahren viele schon am Vormittag wieder nach Hause.
Kosmonavtlar heißt die erste Station, wo wir aussteigen. Einige Stationen sind themengebunden, wie die hier, bei der es um Raumfahrt geht. Wir steigen in die nächste Linie um.
Die nächste Station beschäftigt sich mit Dichtern.
Die Zugänge und Bahnsteige sind oftmals mit Marmor verkleidet. Auch kunstvolle Beleuchtungen finden sich.
Es wird Zeit, die U-Bahn wieder zu verlassen. In der Nähe des Ausstieges befindet sich der Platz der Unabhängigkeit.
Na, ja. Wem´s gefällt.
Weitaus schöner finde ich den Romanov-Palast, indem ein russischer Großfürst seit der Verbannung vom Hofe sein Exil aufschlagen durfte. Angeblich hat er seiner Mutter wertvolle Diamanten gestohlen.
Besichtigt kann das Gebäude nicht werden, weil es das usbekische Außenministerium für Empfänge als Festsaal benutzt. Vielleicht darf ja Putin morgen rein.
Inmitten einer großen Parkanlage steht das stolze Reiterstandbild Amir Timurs, den Heerführer, über den ich schon berichtet habe. Das Lustige an dem Ort ist, dass es in den letzten 100 Jahren schon 10 verschiedene Denkmäler an dieser Stelle gab, unter anderem Lenin und Stalin wurden verehrt.
Ein paar junge usbekische Mütter mit ihren Kindern wollen mit uns Europäern abgebildet werden. Kein Problem.
Diese Gebäude lassen wir rechts liegen und begeben uns zum Bus, der uns ins Hotel und nach einer kurzen Rast zum Abendessen bringt. Danach ist Schluss für heute, den morgen geht´s zeitig ab. Um 6.30 werden wir zum Bahnhof fahren.