Heute regnet es den ganzen Tag immer wieder einmal. In der Früh besonders stark, darum stehen wir mehr als eine Stunde später auf und gehen erst um acht Uhr zum Frühstück.
Wir starten mit dem zweitgrößten Sakralbau von Santiago, dem Kloster samt Kirche San Martin Pinario. Der Bau wurde im 16. und 17. Jahrhundert vollendet.
Auf dem Platz vor dem Kloster finden zumeist abends Musikdarbietungen statt, so wie gestern:
Ein Stück weiter, direkt auf dem Praza do Obradiro befindet sich das Hostal dos Reis Católicos. Das ist einer der ältesten Beherbergungsbetriebe der Welt, die auch ständig als solche benutzt wurden. Kurz vor 1500 beauftragte der König die Errichtung des Beherbergungsbetriebes für die Jakobspilger. Es hatte eigene Ärzte, eine Apotheke, eigene landwirtschaftliche Flächen und war somit das größte Pilgerhostel entlang des Jakobsweges.
Auch hier befindet sich im Gebäude neben einem Museum auch seit den 1950er Jahren ein Parador, also ein Fünf-Sterne-Luxushotel. Dieses Hotel verteilt jeden Tag zehn Pilgermenüs gratis. Die Gutscheine dafür werden über das Pilgerbüro vergeben. Selbstverständlich werden die Pilger nicht im noblen Speisesaal neben den vornehmen zahlenden Gästen bedient, sondern in der Kantine, wo auch die eigenen Angestellten ihr Essen bekommen.
Oben noch der Empfangsraum des Hotels.
Nachdem wir gestern nicht erfolgreich waren, den Botafumeiro in Aktion zu sehen, besuchen wir heute die Mittagsmesse und sind schon eine Stunde früher dort. Erstens wegen der Kirche selbst, zweitens wegen der richtigen Sitzplätze.
Es gibt wie in allen Kathedralen viele Kapellen, die rund um den Hauptaltar in eigenen Nischen untergebracht sind. In jeder dieser Kapellen hält sich ein Priester bereit ein Pilgergespräch zu führen oder die Beichte abzunehmen. Die entsprechende Hauptsprache des Priesters steht auf einem Schild vor der jeweiligen Kapelle.
Nicht jeder Priester ist gebucht, mancher nutzt die Zeit auch für einen „inneren Monolog“.
Der Hochaltar ist über und über mit Gold überzogen. In der Mitte sitzt der Heilige Jakobus in Lebensgröße. Hinter ihm führt von rechts eine Treppe hinauf, sodass man seinen Umhang berühren kann oder ihn an den Schultern umarmen. Traditionellerweise mit einem kleinen Dankgebet, dafür, dass einem Jakob geholfen hat, hier anzukommen. Auf der anderen Seite der Figur kann man wieder runter gehen.
Heute ist wohl nichts mit der Tradition. Der Zugang ist genauso versperrt wie der Abgang.
Dafür kann man die Krypta hinuntersteigen, wieder von rechts nach links. Dort findet man einen silbernen Schrein mit den Gebeinen des Apostels Jakobus. Ob eben nur die Gebeine oder auch ein Schädel dort zu finden ist, das ist und bleibt ein gehütetes Geheimnis.
Die Kathedrale steht über der Grabstelle des Apostel Jakobus und ist durch bischöfliche und päpstliche Beglaubigung anerkannt, obwohl die Jakobskathedrale in Jerusalem meint, sie habe den Schädel in ihrem Besitz.
Der Apostel Jakobus der Ältere wollte Spanien missionieren, war aber erfolglos und ging zurück nach Jerusalem. Herodes Agrippa I. ließ den Apostel durch das Schwert hinrichten. Seine beiden Jünger nahmen den Leichnam und segelten damit nach Spanien und begruben ihn letztendlich in Santiago. Somit hätten wir eine hinreichende Erklärung, warum der Kopf in Jerusalem und nur der Körper sich in Santiago befinden könnte.
Des weiteren soll sich ein vergoldetes Kruzifix aus dem Jahre 874 dort befinden, indem ein Splitter vom wahren Kreuz eingearbeitet sein soll. Gefunden habe ich es nicht.
Links und rechts des Hauptschiffes befindet sich die Orgel, die erst 45 Jahre alte ist. Die Originalorgelpfeifen aus dem frühen 18. Jahrhundert fanden aber wieder Verwendung beim Neubau der Orgel. Obwohl wir es nun schon öfter gesehen haben, finde ich die teilweise waagrechte Anordnung der Pfeifen irgendwie bedrohlich. Da versteht man, dass die Deutschen im zweiten Weltkrieg die Katjuscha-Raketenwerfer der Sowjets als Stalinorgeln bezeichnet haben.
Wir haben die Messe brav mitverfolgt und sind bald soweit das Vaterunser auf Spanisch aufsagen zu können. Es hat uns aber alles nichts genützt, der Botafumeiro wurde wieder nicht geschwenkt. Wir haben zwar beim Betreten der Kathedrale starken Weihrauchgeruch wahrgenommen, was wir auf ein Vorglühen des Pots zurück führten, was aber nicht stimmte. Der Geruch stammt von der Morgenmesse, dort hatte eine Pilgergruppe offensichtlich den Obolus bezahlt. Wann das wieder der Fall sein wird, ist auch so ein sehr gut gehütetes Geheimnis der örtlichen Kirchenverwaltung. Würde bekannt werden, wann der Weihrauchkessel wieder geschwenkt wird, wären die anderen Messen weitaus weniger gut besucht. Früher hat man das Weihrauchfass zu Beginn der Messe geschwungen, was aber bald wieder abgeschafft wurde, um es ans Ende der Messe zu verlegen, denn viele Pilger haben den Vorgang brav gefilmt und sind dann dem Rest der Messe fern geblieben. Auch die Idee, 30 oder 40 Minuten nach Beginn der Messe (also knapp vor Ende) einzulangen wurde verhindert, indem niemand mehr die Kathedrale nach Beginn der Messe betreten darf.
Die beste Ehefrau von allen möchte es mit der Abendmesse nochmals probieren. Ich befürchte, dass mich die Pfarrer dann schon persönlich begrüßen würden, wenn ich an zwei Tagen drei mal die Messe besuche und wollte erst morgen in der Früh wieder einen Versuch starten. Nachdem sie in der Kathedrale ankam, meinte sie, dass der Botafumeiro tiefer als am Vormittag hängen würde und ich erscheinen soll. Mangels Argumenten erscheine ich also rechtzeitig zur Messe. Und siehe da, eine argentinisch/brasilianische Pilgergruppe hatte bezahlt und wir kommen in den Genuss des Qualms:
Das Positive des Tages: Wenn der Glaube nichts hilft, dann hilft vielleicht der Aberglaube. Aller guten Dinge sind drei!
Ich wünsche Euch BEIDEN nach diesem Tag und den Strapazen der ganzen Pilgerreise eine gute und gesunde Heimkehr.
Danke für die vielen wunderbaren Bilder und Berichte.
Ich weiß jetzt (fast) so viel, ohne dorthin gehen zu müssen. 😉
Ich mache ab heute ein paar Tage Urlaub in Grünau im Almtal.
Dort werde ich auch ein bisschen gehen, aber „etwas gemütlicher“.
LG Elfi M.
Hallo ihr Beiden,
Amanda und ich gratulieren ganz herzlich zu dieser tollen Leistung. Danke für die informativen Berichte. Wir hoffen von euch mal persönlich berichtet zu bekommen. Kommt gut heim, liebe Grüße
Guten Morgen ihr zwei!
Suuper, dass es beim 3. Mal doch noch geklappt hat.
Da passt das Sprichwort: „Aufgegeben wird nur der Brief, sonst nichts!“ 😉 auch wieder gut. 👍
Lieber Walter und „beste Egefrau von allen“ liebe Freundin Elfi – ein großes DANKEE wieder mal für die tollen Berichte und vielen schönen Bilder, die ihr uns während eurer Super Leistung gezeigt habts. 👍🥰 Es war immer genüsslich es so miterleben zu können. Anders würden wir es sowieso nicht schaffen. 😉
Für heute wünschen wir euch noch einen schönen, letzten Tag uund dann einen guten Flug nach Hause.
Liebe Grüße – Dolly und der Wolf 🙋♀️🙋♀️
Liebe Elfi, lieber Walter,( wir kennen uns nicht persönlich, ich turne mit deiner besten Ehefrau Elfi Montags in der VHS)
Mein Mann und ich haben eure Berichte fleißig verfolgt und gratulieren euch ganz herzlich zu eurer super Leistung. Wir gehören zu Jenen, die sich denken „wow, das würden wir auch gerne mal machen“
2008 sind wir in 4 Tagen von Wien nach Mariazell gepilgert…war recht anstrengend, vor allem der schwere Rucksack am „Buckel“…..darum Respekt, vor eurer Leistung.
Wir wünschen euch einen angenehmen Rückflug und pflegt eure „Fusserln“ nach den Strapazen.
Liebe Grüße an euch Beide von Detlef und Renate
Wow, es ist geschafft. Herzliche Gratulation!
Danke an dieser Stelle für die umfangreichen Tagesbericht, die tollen Fotos und die super Hintergrundinfos. Finde ich echt einzigartig.
Wünsche euch eine gute Rückreise.
Alles liebe,
Georg