Wir schleichen uns aus dem Fünfbettzimmer, um die anderen beiden, die noch schlafen oder so tun, nicht zu wecken. In einem großen Gemeinschaftsraum, der auch für die anderen Zimmer bereit steht, ziehen wir uns fertig an. Frühstück würden wir erst ab acht Uhr bekommen und so ziehen wir ohne los, in der frohen Hoffnung bald eines zu bekommen.
Die Sonne geht auf …
…und es ist nicht mehr sehr weit, bis zur 100 Kilometer-Markierung.
Da müssen wir natürlich ein Selfie machen, obwohl ich das überhaupt nicht mag, noch dazu, wo wir uns auf den Boden setzen müssen, sonst kämen die 100 Kilometer nicht zur Geltung. In 70 Meter Entfernung von hier finden wir ein Foto an der Wand (heutiges Titelbild) vom wahrscheinlich vormaligem Stein an diesem oder einem anderen Platz. Das Entfernungsmesssystem ist mir sowieso schleierhaft, wo es dauernde Routenabänderungen und Alternativen gibt. Dazu gibt es angeblich noch zwei Nullpunkte. Wie kommt man da auf die Idee drei Kommastellen anzugeben, also auf den Meter genau?
Langsam knurrt uns der Magen. Überall in den Miniorten, wo wir vorbei kommen, sind die Lokale geschlossen, obwohl sie „Abierto“ angeschrieben haben oder es gibt überhaupt nur einen Getränkekühlautomaten mit Münzeinwurf, der natürlich weit entfernt von einem Frühstück ist.
Außerdem bewegen wir uns durch eine Nebellandschaft nach Portomarin zu. Der Ort wurde in den 1950/60er Jahren neu angelegt, weil ein Stausee geschaffen wurde, der den Rio Mino aufstaut und den alten Ort geflutet hat. Die Kirche und das Portal einer weiteren Kapelle, sowie einen mittelalterlichen Brückenbogen und einen Palast hat man hierbei abgetragen und weiter oben im neuen Ort wieder aufgebaut. Hier bekommen wir endlich nach 10,1 Kilometer Wanderung Kaffee und Toast.
An den Zulieferflüsschen ist ersichtlich, dass der Stausee nicht hoch gefüllt ist, obwohl es jeden Abend Gewitter in der Region gibt. Trotzdem können wir das geflutete Dorf noch nicht im Stausee erkennen, obwohl dies bei Niedrigwasserstand der Fall sein soll.
Nach dem Frühstück können wir uns wieder Wegvarianten aussuchen. Bergauf gehen alle. Wir wählen eine, die letztendlich olfaktorisch zur Belastungsprobe wird. Zuerst gibt es riesen Kuhställe, dann folgt eine zwar aufgelassene Käsefabrik, doch die Gegend stinkt noch ärger als unsere Socken und Wanderschuhe, was etwas heißen will. Zu guter Letzt kommt noch eine Hühnerzuchtfarm. Von Freilandhaltung keine Spur, lediglich ein Tor der riesigen Halle ist geöffnet, sodass wir das gesamt Aroma abbekommen. Ich bin froh, dass noch keiner eine Schweinefarm hingebaut hat.
Dagegen sind die Longhorns ein erfreulicher Anblick:
Das hat wahrscheinlich jemanden zu dieser Gefahrenzeichenänderung animiert. Buen Cowmino.
Wenn man schon mit dem Esel und dem Pferd nach Santiago kommen kann, warum nicht auch mit einer Kuh? Bei meiner gestrigen Aufzählung ist euch wohl ein Fortbewegungsmittel abgegangen, das Motorrad. Nun, ich habe noch keinen Motorradpilger gesehen. Das liegt wohl auch daran, dass viele von ihnen einem, bei der katholischen Ausrichtung vielleicht nicht so gern gesehenem Club angehören, den „Hells Angels“. Deshalb nehme ich an, dass diese Gruppe nicht den Camino, sondern eher den „Highway to hell“ befahren. Andererseits sehen auch viele weitgereiste Pilger den Camino, aufgrund ihrer Blessuren, als Highway to hell an.
Die 100 Kilometer-Wanderer (oftmals in der Light-Variante) nehmen zu. Etliche von ihnen unternehmen nur Tagestouren von 10-14 Kilometern und sind da schon mehr als streichfähig.
Das Positive des Tages: Vier Pilgertage sind fast einerlei, einer ist verschlafen worden, jetzt sind es nur mehr drei.
Die letzten drei, alles Gute Euch beiden! Sehr kühl, guten Cowmino!!
Ich wusste gar nicht, dass die Kommentare eine Rechtschreibprüfung dabei haben…. Ich hatte eigentlich „kuhl“ eingegeben 😉