Um 6.45 starten wir mit dem Wissen, dass wir erst später Frühstück bekommen, dass es gestern Abend und in der Nacht einigermaßen stark geregnet hat und wir wieder einiges an Höhenmetern überwinden müssen.

Es beginnt mit Steigungen zwischen 10 und 20 Prozent. Der Unterschied zu gestern ist der, dass wir gestern oben den Nebel und die Wolken hatten, heute es umgekehrt ist. Im Tal liegt der Nebel, auf den Bergen herrscht Sonnenschein. Da das Wasser offensichtlich rasch abrinnt und wenig in den Boden versickert, wird es nicht zu einer Rutschpartie wie in Frankreich.

Unser Frühstück bekommen wir in La Faba und treffen dort etliche Leute aus den vergangenen Tagen wieder.

Ungefähr neun Kilometer geht es nur bergauf oder annähernd waagrecht dahin, bald haben wir den höchsten Punkt von heute erreicht.

Wir überschreiten auch die Grenze von Kastilien & Leon zur letzten Region Galicien, nicht zu verwechseln mit dem polnischen Galizien. In der vorrömischen Zeit siedelten bereits die Kelten hier. Zahlreiche Traditionen, wie der Dudelsack oder der Hexenglaube sind auf die Kelten zurück zu führen. Galicisch ist eine romanische Sprache, die dem Portugiesischem ähnlicher ist, als dem Spanischem. Galicisch ist neben Spanisch offizielle Landessprache.

Bald darauf kommen wir nach O Cebreiro. Hier befand sich einst eines der wichtigsten Pilgerhospitäler des Jakobsweges.

Der erste Besuch gilt der Kirche. Doch hier ist eine Messe im Gange. Jede Menge junger Leute nehmen am Gottesdienst teil. Das ist man heutzutage nirgends mehr gewohnt. Als wir wieder draußen sind, wissen wir auch warum. Diese Menschen sind mit dem Bus hierher gekarrt worden. Die Messe ist ein Programmpunkt.

In der Kirche wird auch der heilige Kelch von Galizien aufbewahrt, die sich einst einer alten Legende gemäß mit Blut gefüllt hat. Außerdem könnte man in einer von über 50 verschiedensprachigen Bibeln der Welt blättern.

Im Ort sehen wir die Pallozas. Das sind in 2.500 Jahre alter keltischer Bautradition mit Stroh gedeckte, oftmals runde Häuser. Palloza ist ein Galicisches Wort und heißt Strohhalm.

In einer Bar holen wir uns einen zweiten Kaffee und sehen dort wieder jede Menge Koreaner, die auf Pilger-light-Tour unterwegs sind. 2004 erhielten 18 Personen aus Südkorea die Compostela ausgestellt, für mindestens 100 Kilometer nachweislich gegangenen Jakobsweg. 2012 waren es bereits mehr als 2.500 Personen und die Koreaner nahmen den 19. Rang im Länderranking ein. 2019 waren sie bereits die Nummer eins der Nationen nach der Spanischen.

Warum gibt es so einen Boom von Koreanern auf dem Jakobsweg? Es gibt mehrere Gründe. Paolo Coelho ist einer davon, der in seinen Büchern „Der Alchemist“ und die „Pilgerreise“ den Jakobsweg als Schauplatz für seine esoterische Handlung hernimmt. Die Bücher wurden über 2 Millionen Mal in Südkorea verkauft. Ein anderer Grund ist, dass eine koreanische Boyband den Weg ging und videomäßig vermarktete.

Noch ein Grund mag der sein, dass in Korea, ebenso wie in Japan und einigen anderen Staaten, es sich gut macht, wenn man bei Bewerbungen im Lebenslauf soziale Ehrenämter oder sportliche Leistungen oder eben spirituelle Erfahrungen anführen kann. Die Bewältigung des Jakobsweges ist so eine anerkannte Leistung.

Aber lassen wir die Koreaner und und gehen weiter zum Pass, ab dem es für uns dann auch wieder abwärts geht.

Der O Cebreiro-Pass, der bei Deutschen Pilgern auch gerne „Oh! Krepiero!“ heißt, weil der Anstieg so steil ist und sich daher so einige bereits mit dem Taxi rauf bringen lassen, hat auch mit einem wunderbaren Fotomotiv aufzuwarten.

Der Nebel in den Niederungen will heute auch so gar nicht verschwinden.

Bei einem Restaurant, wo viele Pilger einkehren, finden wir auch (nach der Meseta) ein Paar, das mit drei Pferden den Jakobsweg bewältigt.

Die meisten anderen nehmen den Drahtesel.

Obigen Spruch haben wir, seit wir in Spanien unterwegs sind, pausenlos irgendwo hingeschmiert gefunden, auf Wegen, Hinweistafeln, Verkehrstafeln oder den Betonpfeilern mit den Entfernungsangaben. Nachdem ich mir darauf keinen Reim machen konnte, was das heißen mag, habe ich nachgeforscht und spiegelt den walisischen Nationalstolz wider. Der Spruch heißt übersetzt: „Wales für Immer!“ oder „Es lebe Wales“. Gut hätten wir das auch geklärt.

Wir kommen an einem über 100-jährigen Kastanienbaum vorbei…

…und einem Stein mit Entfernungsangabe nach Santiago de Compostela, ehe wir nach…

Tricastela kommen, unserem heutigen Übernachtungsort.

Streetart finden wir hier genauso wie eine Kirche,

So, und jetzt geht´s zum Abendessen.

Das Positive des Tages: Wieder einmal dem Gewitter während der Wanderung entgangen. Sechs lange Pilgertage mit gar löchrigen Strümpf´, einer ist verloren gegangen, jetzt sind es nur mehr fünf.

2 Kommentare

  1. Nicht nur die Koreaner wissen diese Leistung zu schätzen.
    Sollte ich einmal einen Job zu vergeben haben, ihr habt Ihn!
    Spaß beiseite, wirklich eine tolle Leistung.
    Nach einem anstrengenden Tag auch noch so ausführliche und interessante Berichte zu verfassen ist nochmal beachtenswert.
    Alles Gute für die restlichen Kilometer.
    Freu mich auf ein Wiedersehen, Christine

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein