Des Morgens schaut die Wettervorhersage schon wieder besser aus. Beide Apps sind sich einig: Kein Regen bis wir ankommen, und sonnig soll es auch werden. Gut so. Das kann es ruhig in den nächsten Tagen auch werden.

Der Weg führt uns weg von der Kathedrale in Richtung Rio Bernesga zum Convento de San Marcos ein ehemaliges Pilgerhospital aus dem 12. Jahrhundert am Nordwestrand der Stadt, das heute ein geschütztes Naturdenkmal ist und zum Großteil aus dem 16. Jahrhundert stammt.

Von 1936 bis 1940 befand sich in dem Gebäude ein Konzentrationslager des Franco-Regimes, in dem viele Gegner ermordet wurden.

Der Renaissancebau hat eine über 100 Meter lange Fassade. Im Kreuzgang, der Sakristei und dem Kapitelsaal befindet sich heute ein Museum für sakrale Kunst. In der ehemaligen Pilgerherberge und einem Anbau befindet sich seit den 1960er Jahren ein im Staatseigentum befindliches 5-Sterne-Hotel samt Restaurant.

Unmittelbar davor sitzt dieser Pilger und träumt davon, auch einmal in so einer Luxusherberge abzusteigen.

Wir überqueren den Fluss, besser das, was davon noch übrig ist, denn die vielen Bewässerungsanlagen lassen in den einzelnen Flüssen nicht mehr viel Wasser übrig. Durch die Vororte geht´s dahin. Ein Frühstück bekommen wir auch.

Einen Militärflughafen lassen wir rechts liegen, bekommen auch nicht wirklich etwas davon zu sehen. In Valverde de la Virgen ist wie sonst auch überall der Kirchturm bis zur Spitze besetzt.

Die heutige Strecke ist auch nicht besser, als die der letzten Tage. Autobahnen, Schnellstraßen, Landstraßen begleiten unseren Weg. Es gibt wenig Abwechslung und die trostlose Umgebung und der Lärm stellen harte Anforderungen ans Gemüt. Würde man die letzte Woche als Dokumentation des Jakobsweges nehmen, niemand (außer Leute aus der Sado-Maso-Schiene) würde sich animiert fühlen, den Weg zu gehen. Stumpfsinnig spulen wir die Kilometer runter.

Natürlich kommen einem dabei auch die Gedanken, wie es wäre, einfach zwischen Leon und Santiago de Compostela einen Bus oder die Bahn zu nehmen. Die Bahn kostet für die über 300 Kilometer lange Strecke knapp unter 20 Euro, der Bus ist schneller unterwegs und kostet 31 Euro. Überhaupt ist die Nahverkehrsverbindung mit dem Bus sehr günstig. Eine Strecke von 8 bis 10 Kilometer kostet einen Euro. Darüber hinaus gibt es ein Mitfahrsystem, wo man sich entsprechend davor anmelden muss, das noch billiger ist, weil es auf Spritkostenteilung basiert.

Aber genug geträumt. Auf den letzten 300 Kilometern wird auch nicht mehr geraunzt. Es geht uns immerhin noch weitaus besser als denen da:

Endlich zweigen wir von der Schnellstraße ab und kommen nach 1,5 Kilometern wieder zum Rio Obrigo, den es über eine Puente, also Brücke zu überschreiten gilt. Die sehr, sehr lange Brücke führt zum Ort Hospital de Orbigo, wo unsere heutige Unterkunft sich befindet. Der nicht einmal 1.000 Einwohner zählende Ort erhielt seinen Namen, weil im Mittelalter der souveräne Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes zu Jerusalem hier ein Krankenhaus errichtete.

Bekannt wurde die Brücke durch ein Ereignis während des Heiligen Jahres 1434, dem Paso Honroso des leonesischen Ritters Suero de Quinones. Der gute Mann hatte 300 Ritter die während eines Monats nach Santiago de Compostela pilgerten, zum Lanzenkampf herausgefordert. Das tat er, um die Gunst seiner Angebeteten zu erringen. Die herausgeforderten Ritter konnten sich gemäß ihrem Ehrenkodex dem nicht entziehen und mussten antreten. Suero gewann alle Zweikämpfe und zog dann gemeinsam mit den Rittern nach Santiago de Compostela, wo er ein Halsband seiner Edeldame dem Kathedralschatz spendete.

Seit einigen Jahren gibt es im Sommer wieder Ritterspiele. Zwar nicht auf, sondern neben der Brücke. Ihr könnt die Bahn samt Tribünen auf obigem Foto links oben sehen. Auch heuer werden wieder Ritterfräulein mit bunten Tüchern ihren Rittern, die um ihre Gunst buhlen, zuwinken.

Das Positive des Tages: Wir können die Brücke queren ohne uns zu duellieren, nicht einmal mit den italienischen Radfahrern, die heute nur vereinzelt auftreten.

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