Heute haben wir einen Ruhetag in Leon, der Stadt, die ursprünglich von der VI. römischen Legion gegründet und danach von den Barbaren sowie den Mauren beherrscht wurde und ab dem 10. Jahrhundert von Nordspanischen Adelsgeschlechtern ausgebaut wurde.
Zur Abwechslung ist es bereits am Morgen wieder kalt und es regnet zwischendurch immer wieder mal. Das ist auch das Wetter, das uns in den nächsten zehn Tagen bevorsteht. Wir bleiben bis 7.30 im Bett, danach machen wir uns auf die Suche nach einem Lokal, das und Frühstück anbietet. In relativer Nähe haben wir auch eines gefunden und leicht angekokelten Toast mit Kaffee bekommen.
In der Tourist-Information holen wir uns einen Stadtplan. Der erste Punkt unseres Sight-Seeings ist natürlich die Kathedrale de Santa Maria de Leon. 6 Euro kostet hier der Eintritt pro Person. Die Kathedrale ist ein Prachtstück der gotischen Baukunst. Die Hauptbauzeit war die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Steht man in der Kathedrale, dann beeindruckt insbesondere die Höhe und Luftigkeit des Baus. Speziell die Glasfenster, die bis zu 12 Meter hoch sind, geben dem Inneren ein besonderes Flair. In Summe wurden mehr als 1.800 Quadratmeter Glasscheiben verbaut. Ich werde euch nicht länger mit Details zuschütten, sondern mehr mit Bildern ohne weitere Kommentare.
Die waagrechten Röhren sind keine Gewehrschäfte sondern Orgelpfeifen, die man in Nordspanien öfter so angebracht sieht.
So, genug für heute von Kathedralen. Wir gehen ein zweites Paar Schuhe für mich kaufen, denn meine Reserveschuhe werde ich ab morgen anziehen. Die bisherigen Wanderschuhe haben nach 1.300 Kilometern ausgedient. Ich zeige euch am Ende des heutigen Beitrags, wie sie ausschauen.
Wir kommen am Museum „Casa Botines Gaudi“ vorbei. Gaudi hat dieses Gebäude Ende des 19. Jahrhunderts geplant. Über dem Eingang sieht man den Heiligen Georg, den Drachentöter. Zum Unterschied von der Außenfassade ist die Innenarchitektur zur Gänze im Jugendstil gehalten und ist heute ein geschütztes spanisches Kulturdenkmal. Im Erdgeschoß befindet sich eine Antonio Gaudi Ausstellung.
Gaudi war unter anderem der begnadete Kathedralenarchitekt der Sagrada Familia in Barcelona. Er ist auch in der Kathedrale begraben, nachdem er 1926 vor eine Straßenbahn lief und danach verstarb. Übrigens gibt es ein Seligsprechungsverfahren für ihn, was angeblich auf einem guten Weg sei, was auch immer das heißen mag. Seine Skulptur sitzt jedenfalls von alledem unberührt vor dem „Casa Botines Gaudi“.
Gleich nebenan steht der Palado des Guzmanes, ein Renaissancebau aus dem 16. Jahrhundert, der heute Sitz der Provinzregierung von Kastilien und Leon ist.
Und schon schaut er aus dem Untergrund hervor, der Löwe, das Wappentier der Stadt und der Region.
Gut, lasst uns einfach ein wenig durch die Stadt bummeln.
Das hängt auf einem Kran vor dem archäologischen Museum. Hoffentlich machen sie uns nicht weis, dass das ein versteinertes Einhorn ist.
Die Kirche Santa Maria auf dem Plaza del Grana. Der Platz war ein mittelalterlicher Kornplatz und hat noch die Originalpflasterung. Lauter kleine Gewölbe ermöglichen, dass Regenwasser abrinnt und der Fußgänger, der nicht aufpasst, bald einmal auf die Nase fällt.
Ich bin noch eine kleine Geschichte von gestern schuldig. Als wir gegen Mittag wieder eine Trinkrast in einer Bar machten, wollte ich noch eine Kleinigkeit dazu essen. Die beste Ehefrau von allen, die diese Bestellungen stets übernimmt, weil sie ihr Spanisch trainieren möchte, kam mit zwei Tapas (Häppchen in Schalen) zurück und erklärte, dass der Spanier am Tresen meinte, für Pilger seien die Tapas gratis. Ist doch eine super Geste. Eine Stunde später, im nächsten Lokal wollten wir nur etwas trinken. Ungefragt bekamen wir auch dort Tapas gratis dazu, weil wir Pilger seien.
Entweder haben wir schon so einen mittleiderregenden, fertigen Eindruck hinterlassen oder, was eher wahrscheinlich ist, ist das eine alte Tradition den Pilgern gegenüber. Gefreut hat es uns jedenfalls.
Und jetzt zeige ich euch meine alte Bereifung, die wohl für die kommenden Regentage nicht mehr geeignet ist. Erstens würde schon zu viel Wasser durchsickern und zweitens wäre der Grip komplett weg.
Diese zu Slicks runtergehatschten Boots, bei denen ich schon jeden Stein gespürt habe, haben die letzten 1.300 Kilometer wohl nicht mehr stand gehalten. Weitere 100 Kilometer und ich hätte Charlie Chaplin in „The Tramp“ doubeln können.
Die feierliche Entsorgung im nächsten Mistkübel erfolgt heute vor dem Abendessen.
Und noch etwas, weil´s mir schon seit gestern im Kopf herum spukt: Donna Leon, die Erfinderin von Commissario Brunetti, der in Venedig agiert, die mehr als sicher nichts mit der Stadt Leon zu tun hat. – Wisst ihr warum es von ihr keine Bücher auf italienisch gibt? Sie lebt in Venedig und möchte sich dort frei bewegen und möglichst unerkannt bleiben. Deshalb hat sie die Rechte für Italien nicht freigegeben, weil sie nicht von den Buchcovers runter strahlen möchte.
Ich gebe es ja zu. Gestern war es sehr warm und die Strecke sehr lang, vielleicht hat das meine Gedanken etwas in Schräglage gebracht…
Das Positive des Tages: Ein Erholungstag ohne viele Kilometer um für den folgenden Zielsprint gewappnet zu sein.
Hallo Ihr ZWEI !
Die Kathedrale ist wirklich eine Pracht.
Die Geste des „gratis“ Imbisses f.d. Pilger finde ich ausgesprochen nett.
Aber Deine Schuhe faszinieren mich auch. Die haben echt ausgedient.
Hoffentlich hast Du mit den Neuen keine Probleme, denn irgendwann wirst Du sie ja auch anziehen müssen.
Ich hoffe, das Wetter wird nicht zu schlecht in den nächsten Tagen.
LG Elfi M.wjH6dh