Vor der Herberge hat sich ein pfiffiger Händler einen Ministand aufgebaut. Er hat eine Reihe von Sigel-Stempeln vor sich liegen und bietet gegen eine Spende an, in den Pilgerpass ein Sigel in der Wunschfarbe und mit Wunschmotiv zu drücken. Wir sitzen beim Frühstück und die erste stolze Sigel-Stempel-Besitzerin kommt bei der Tür herein. Das Geschäft funktioniert.
Der erste Ort, den wir heute „anlaufen“ und zügig durchqueren, ist San Nicolás del Real Camino.
Später kommen wir über eine romanische Steinbrücke zu einer kleinen Eremitage „Virgen del Puente“.
Unmittelbar danach stehen zwei Steinskulpturen links und rechts neben dem Jakobsweg. Dazwischen ist eine Linie gezogen, die die halbe Wegstrecke des Camino Frances, also des Spanischen Jakobsweges darstellen soll. Das ganze ist eher ein Marketinggag als eine reale Wegmessung. Wie schon davor und auch danach weichen die Entfernungsangaben nach Santiago de Compostela um +/- 20 Kilometer ab. Die ständige Änderung der Routenführung, samt der vielen Alternativrouten macht eine exakte Angabe nicht möglich. Wir haben beschlossen, dass es nur eine exakte Angabe für uns geben wird und die ist „0“, nämlich genau dann, wenn wir in Santiago auf dem Platz vor der Kathedrale angekommen sind.
Auf der einen Seite der König von Leon…
…auf der anderen Seite ein Mönch mit dem Leitspruch der Benediktiner, bete und arbeite…
…und wir dazwischen. Alle die hier vorbei gehen, lassen sich fotografieren, auch wenn die Entfernungsangabe ein Fake ist.
In Sahagun finden wir wieder eine unvermeidliche Pilgerfigur. In dem Städtchen findet am 10. Juni eine Stierkampfveranstaltung statt. Bereits jetzt werden die Schutzgatter der Korridore errichtet, durch die dann die Stiere zur Plaza de Toros, der Stierkampfarena getrieben werden.
Zu sehen gibt es in Sahagun nicht viel. Das Monasterio Real de San Benito, von dem nur mehr der Torbogen steht…
…das Monasterio de Santa Cruz Benedictinas, das auch heute wieder als Pilgerherberge geführt wird…
…und die Pilgerin des Tages.
Über den Fluss Ceja geht es wieder über eine alte Steinbrücke. Fluss ist ein wenig irreführend, denn Wasser fließt hier kaum.
Wieder müssen wir uns entlang einer Landstraße auf dem Schotterweg vorwärtskämpfen. Wir begegnen einer jüngeren Deutschen, die mit einer großen Blase am linken Fußballen auf einer Bank sitzt und nicht weiß, wie sie die nächsten sechs Kilometer bis zur nächsten Herberge schaffen soll. Elfi schenkt ihr eine Art Schutzkissen, das sie sich über den Vorfuß ziehen kann und hofft, dass es ein wenig den Schmerz lindert.
Es werden von Tag zu Tag immer mehr Leute, denen wir begegnen und die teilweise schwer lädiert sind. Beispielsweise der Schwede aus unserer Unterkunft, der heute morgen mit dem Taxi zur nächsten Herberge fahren muss, denn gehen ist nicht mehr. Seine Frau muss alleine weiter gehen. Er überlegte sich aber, ob er sich ein Fahrrad kaufen soll…
…oder das asiatische Ehepaar, das sich unter Aufbietung voller Konzentration Schritt um Schritt vorwärts kämpft, ohne auch nur einen Blick rechts oder links zu schauen…
…oder der ältere Spanier, der von Frau und Sohn begleitet wird, der immer wieder stehen bleiben muss und nach Atem ringt…
Ohne größere oder kleinere Wehwehchen kommt offensichtlich keiner davon. (Über uns selbst spreche ich erst am letzten Tag.)
Wenn ich schon keinen Wiedehopf oder Bienenfresser sehe, so kann ich doch wenigstens mit einem Prachtexemplar einer Eidechse aufwarten:
Bald danach taucht eine große Herberge am Ortseingang von El Burgo Ranero, unserem heutigen Ziel, auf. Die Malerei auf der Fassade spiegelt das Pilgerleben vom Beginn bis zum Ende wieder.
Wir sind aber in einem anderen Hostel untergebracht und müssen noch weiter in den Ort. Es gibt natürlich eine Kirche, die aber nicht offen ist. Trotzdem ist sie, wie man sieht, bewohnt.
Die Störche fühlen sich hier wohl, denn der zweite Teil des Ortsnamens bezieht sich auf „Rana“, also Frösche. Und die gibt es rund um den Ort zu Hauf, denn es gibt lauter kleine Seen, die sich während der Schneeschmelze nach dem Winter bilden, und die bis zum Austrocknen im Sommer die Heimat der Frösche sind.
Das Positive des Tages: Wir gehören (noch) nicht zu denen, die so schwer bedient sind, dass sie die Pilgerreise mit dem Taxi fortsetzen müssen.
Sehr schönes Foto von Euch Beiden und auch das von der „Pilgerin des Tages“.
Elfi sieht ja fast erholt aus. Hast Du sie getragen. 😉
Spaß beiseite.
Ich kann mir schon so manche Beschwerden vorstellen, die es da gibt.
Da hat „seine Sünden abbüssen“ einen ganz anderen Sinn. 🙄
Ich muß Euch wieder mal sagen, wie sehr ich Euch bewundere.
Ihr haltet durch, da bin ich sicher. Ihr habt es bald geschafft.
LG Elfi M.
Die Fassadenmalerei suggeriert, dass die Pilger rückwärts gehen. am Anfang mit Elan, Stock und Hut, und am Ende gekrümmt und lädiert 😉