Wir trinken nur Kaffee am Morgen, denn es gibt kein Brot, keine Marmelade, keine Croissants, sondern nur Zwieback und Eierspeise im Angebot. Wie irgendwo gelesen, ist das offensichtlich wirklich eine der ärmsten Gegenden Spaniens. Wir hoffen auf die nächste Ortschaft, auch wenn die 12 km entfernt ist.

Wieder einmal hat es fünf Grad in der Früh, es ist ziemlich kalt, denn es geht stärkerer Wind, der es gleich noch kälter macht. Dafür dürfen wir wieder einen Berg hoch klettern, da wird uns gleich wärmer.

Oben angekommen geht’s heute durch Wälder auf einer breiten Forstschneise dahin…

… immer eben oder mit leichtem Gefälle. Das schaut schon viel besser aus als gestern.

Mittendrin ein Gedenkstein an den Spanischen Bürgerkrieg der von Verwandten von 300 Todesopfern, die während der ersten Monate erschossen wurden, errichtet wurde. Zur Erinnerung: Er fand zwischen 1936 und 1939 zwischen den gewählten Republikanern und den Faschisten unter General Franco statt, der von den Faschisten Italiens und Deutschlands Hitler unterstützt wurde. Franco gewann und Spanien blieb daraufhin bis zu seinem Tode 1975, eine Diktatur. Ratet mal, wer in dieser Zeit Kriegsberichterstatter war. Richtig. Ernest Hemingway. Er schrieb danach „Wem die Stunde schlägt“ und „In einem anderen Land“.

Nach sechs Kilometern taucht ein Spanier mit Imbisswagen auf, der seine Raststation mit Obst, Kaffee, Snacks und kühlen Getränken aufgebaut hat. Da es noch immer nicht wärmer geworden ist, verzichten wir und hoffen im nächsten Ort auf ein Indoor-Frühstück.

San Juan de Ortega heißt der Ort. Ein riesiger Weiler der im 12. Jahrhundert (natürlich von einem Heiligen) gegründet, als Einsiedelei diente und dann zum Kloster ausgebaut wurde, begrüßt uns mit einer langen Mauerfront, ehe die Kirche ins Blickfeld kommt.

Heute dient der Komplex als Pilgerherberge und ist, wie an der Tür abzulesen ist, bereits ausgebucht. Gleich daneben kommt die ersehnte Bar ins Blickfeld, in der wir Kaffee und ein Gebäck mit Chorizo (einer Rohwurst mit Paprika und Knoblauch) bekommen.

Im Lokal treffen wir auch ein spanisches Paar so um die 40 wieder, die wir gestern schon gesehen haben und die von unserer Fernwanderung dermaßen angetan sind, dass sie fragen, ob sie mit uns ein Foto machen dürfen. Durften sie. Man darf die paar Fans, die man hat, nicht vergrämen.

Agés heißt der nächste Ort. Auch hier erfreut man sich, wie in der Gegend überhaupt, an den nistenden Störchen. Gestern habe ich ein Kirchturmfoto gezeigt (die Kirche mit dem kopflosen Heiligen), wo sich sogar zwei bewohnte Storchennester auf dem Glockenturm befinden.

Doch nicht nur Störche werden an Hausmauern verewigt.

Unsere letzte Ortschaft vor dem heutigen Etappenziel heißt Atapuerca.

International bekannt wurde der 162 Einwohner zählende Ort, durch homonine fossile Knochenfunde in mehreren Karsthöhlen, die zum Teil 800.000 Jahre alt sind. Der Grabungsleiter wies sie als direkte Vorfahren der Neandertaler aus. Andere Experten ordneten sie dem Homo Erectus und dem Homo Heidelbergensis zu. Mir ist das Jacke wie Hose, dem Weltkulturerbekomitee jedoch nicht und der Ort erhielt im Jahre 2000 für seine Funde den Welterbestatus. Die Ausgrabungsstätte besuchen wir nicht und auch das Museum in Burgos, das die Funde ausstellt, werden wir verweigern. Mein Interesse an alten Knochen beschränkt sich bei unserer Pilgerreise auf die eigenen.

Nicht ganz vier Kilometer haben wir noch, dann kommen wir in unserer Unterkunft an. Viele Möbel sind aus bäuerlichem Gerät zusammengebastelt. Das schaut mehr nach Verlegenheit als dem angepriesenen „Feng-Shui“ aus. Im Augenblick ist die Wohnung unterm Dach eher „a weng kuih“. Wir finden zwar ein Thermostat an der Wand, halten das jedoch für eine Attrappe, denn Heizkörper ist keiner zu sehen. Optimistischerweise hoffen wir auf eine Fußbodenheizung, die sich abends einschaltet. Das Dach ist jedenfalls nicht isoliert. Gegen das Vorhandensein einer Heizung spricht eine große Kiste, in der sich viele Decken befinden…

Das Positive des Tages: Eine schöne Waldwanderung, die Hoffnung, dass das einzige Lokal im Ort um 20 Uhr aufsperrt und:

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