Beim Frühstück im Hotel sehe ich zwei Franzosen, die sich ihren „Cafe au lait“ in den sogenannten Bols zubereiten. Das sind große Schalen ohne Henkel, vergleichbar mit kleinen Salatschüsseln. Darin tunken sie ihre Croissants oder die Marmelade-Baguette-Stücke ein und essen die aufgeweichte Masse. Als Kind hatte ich bei meiner Großmutter auch gerne mein Kipferl oder die im Backrohr wieder aufgebackene alte Semmel in den Milchkaffee eingetunkt. Das haben mir meine Eltern dann aber bald ausgetrieben, weil „das macht man nicht“. Das sind keine Tischsitten. Umso erstaunter war ich, diese Tradition in Südfrankreich und auch hier in Spanien wieder zu entdecken.
Raus auf die Straße. Es beginnt zu nieseln. Wir gehen durch den Parque de La Grajera, nachdem wir die Stadt verlassen haben. Das ist eine riesige Freizeitanlage und ein Vogelschutzgebiet. Es regnet stärker. Offensichtlich haben auch die Enten keine Freude daran und haben sich aus dem Wasser begeben.
Den Karpfen scheint es ebenso zu ergehen. Sie wollen offensichtlich auch raus.
Nur den Graugänsen ist das alles egal.
Danach dürfen wir wieder ein Stück des Weges parallel zur Autobahn gehen. Auf einer Länge von ein paar Hundert Meter haben Pilger Kreuze aus Holzstöckchen und manches mal auch aus anderen Materialien in den Maschendrahtzaun geknüpft.
Bald darauf beeindruckt ein riesiger Blechstier von einem Hügel.
Wir kommen nach Navarrete, einem Dorf auf einem Hügel. Der Regen wird zwischenzeitlich zwar schwächer, doch immer, wenn wir versucht waren, den Regenumhang auszuziehen, wurde er wieder stärker.
Am Fuße des Dorfes finden wir die Ruinen von San Juan de Acre, einem Kirchen- und Spitalskomplex, wie sie viele im 11. bis 13. Jahrhundert gegründet wurden. Durch den Regen schaut es fast wie ein Kinderplanschbecken aus.
Aber ja doch, der Ort hat auch eine große Kirche.
Der Altarraum ist vom Boden bis zur Decke mit Gold überzogen. Das kann man jedoch erst sehen, wenn man beim Eingang einen Euro in eine Zeitschaltbox wirft. Dann nämlich gehen die Leuchten an und der Gläubige kann die ganze Pracht sehen. Auch eine originelle Methode Einnahmen zu lukrieren.
Draußen, am Kirchenplatz finden wir diese Brunnenfigur:
Ein Stück unterhalb den Töpfer.
Nachdem wir unseren Flüssigkeitshaushalt wieder ausgeglichen haben, verlassen wir den Ort.
Das Erkennungszeichen der Jakobspilger ist bekanntlich die Jakobsmuschel. In dieser Gegend wird auch die Wegekennzeichnung oftmals mit einem Schwertkreuz auf der Jakobsmuschel verwendet.
Dieses „Cruz da Espada“ war das Symbol der Santiago-Ritter. Dieser Militärorden wurde im 11. Jahrhundert von den katholischen Königshäusern mit Unterstützung des Papstes eigens zum Schutz des christlichen Pilgerwegs nach Santiago de Compostela gegründet. Er sollte Pilger vor den islamischen Invasoren und vor Überfällen schützen und den Weg verteidigen. Santiago ist eigentlich der spanische Name für Jakob. Das Schwertkreuz ist immer rot und auf weißem Grund und ist das Symbol für die Verteidigung der christlichen Werte, auch mit Gewalt.
Vorbei geht’s am Friedhof…
…und durch viele Weinfelder in den beiden gestern beschriebenen Weinanbauformen.
Was noch auffällt, ist die Bauweise der Bodegas, also der Weinkellereien. Die schauen eher wie Tower-Gebäude von Segelflugplätzen oder Kampfrichtertürme bei Pferderennen aus.
Kurz vor Najera stehen auf einem kleinen Hügel zwei Sendemasten. Ein Infotafel zeigt an, dass auf dem Hügel der Legende nach, der Kampf von Roland (ihr wisst, der mit dem Horn Olifant) gegen den Riesen Ferragut, gemäß dem Rolandslied stattgefunden haben soll.
Gleich danach finden wir einen Rundbau, der zum Unterschied zur französischen Trockenbauweise, aus Feldsteinen gemauert wurde und bei Bedarf Unterschlupf bietet.
Durch die neue Stadt hindurch und über die Brücke, die über den Fluss Najerilla führt begeben wir uns zu unserer heutigen Unterkunft. Davor kommen wir noch an einem Kinoklub vorbei. Das ist wirklich eine Abwechslung.
Vor dem Abendessen (frühestens 19.30, wie üblich in Spanien) versuchen wir noch die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Die Kirche ist verschlossen und das Kloster ebenso, weil es renoviert wird.
Das Positive des Tages: Es hat wenigstens nicht den ganzen Tag hindurch geregnet.