Nach Homeoffice, homeschooling, home gardening und anderen Aktivitäten, habe ich mich entschlossen, einen weiteren Begriff hinzu zu erfinden: Homearcheologying.

Vor vielen Jahren habe ich einen jungen ungarischen Flüchtling in seinem Bestreben unterstützt, seine Kupferstiche zu verkaufen, um so zu ein wenig Taschengeld zu kommen. Er hat auch auf der Kunstakademie in Wien inskribiert und ist heute akademischer Maler. Nun, damals kam ich auch auf die Idee, er könnte ein Bild direkt auf eine Wand in der Wohnung malen und bekommt dafür einen Pauschalbetrag. Er war davon angetan und wollte das Bild sogar als seine Meisterarbeit einreichen. Nach einem ambitionierten Start 1982 wurden die malerischen Aktivitäten an der Wand im Laufe der Zeit immer weniger. Einmal Tag und Nacht durchgemalt, dann wiederum monatelang kein Strich. Trotz alledem wurde das Bild 1984 fertiggestellt.

Mittlerweile lernte ich auch Elfi, die später zur besten Ehefrau von allen avancierte, kennen. Sie zog bei mir ein und fand das Gemälde bedrückend, einengend. Das bekam ich so lange zu hören, bis ich das Bild mit Pressspannplatten abdeckte und eine Tapete darüber klebte. Das Gemälde des Anstoßes war somit beseitigt.

Vor zwei Jahren wurde unser Wohnhaus renoviert und auch die an das Bild anschließende Nachbarwohnung erhielt unter anderem eine neue Heizung. Durch das Stemmen wurden offensichtlich Ziegel der Zwischenwand in unsere Richtung verschoben, sodass hinter den Pressspannplatten der Verputz runterrieselte und im Laufe der Zeit die Platten, die ich extra mit wenigen Schrauben montierte, nach vorne gedrückt. Die Tapete riss und der Renovierungsbedarf wuchs von Monat zu Monat.

Corona-Fadesse bedingt beschlossen wir, dass ich die Sache in Angriff nehmen sollte. Wir wollten das Bild freilegen und schauen, was man tun kann. Das heißt ich wollte das Bild erhalten, die beste Ehefrau von allen wollte – ja, erraten – natürlich das Gegenteil. Eine weiße Wand oder überhaupt eine andere Einrichtung. Mein Kompromissvorschlag war, den oberen und unteren Teil des Bildes zu übermalen und den Rest stehen zu lassen. Zwei Drittel weiß, ein Drittel Gemälde. Ich kann nicht behaupten, auf offene Ohren gestoßen zu sein. Ohne den Konsens der äußerst Ungnädigen, setzte ich den Plan um.

Die Folge davon war eine heftige Diskussion darüber, was ich schlampig ausgemalt hätte oder ob ich eine Brille benötigen würde. Außerdem komme es jetzt nicht mehr in Frage, die anderen Bilder, die vorher noch im Raum hingen, wieder aufzuhängen und überhaupt sei das letzte Wort noch nicht gesprochen…

Das Positive des Tages:

Ich habe mir ein kleines bisschen Farbe in der kahlen, weißen Welt erhalten und somit ein Stückchen Nostalgie.

1 Kommentar

  1. Hallo Walter,
    tut mir leid, aber ich muss die beste Ehefrau von allen unterstützen. Ich weiß ,Geschmäcker sind verschieden , aber
    dieses Bild . würde ich in meiner Wohnung nicht so lassen, und all meine Kraft für seine Entfernung einsetzen. Häng einen Wandteppich darüber , mach mit deinen Fotos vom Jakobsweg eine Fotokollage .. oder anderer Vorschlag , lass Elfi die Wand gestalten. So wie ich sie kenne, wird das eine fröhliche Sache.
    Ich bin neugierig auf die weitere Entwicklung.

    Viel Erfolg !und liebe Grüße !
    Renate
    PS : Spanischkurs findet wieder Online statt, was wir alle nicht mögen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein