Wir starten mit einem skeptischen Blick gegen Himmel. Die Wettervorhersage hat von Regen den ganzen Tag umgeschlagen auf: Kein Regen bis 17.00. Das wäre natürlich ideal für uns, aber noch können wir es nicht ganz glauben.

Je später es wird, desto schöner wird es. Super.

Heute gibt es wieder eine kleine Diskussion über die Wegführung. Da es gestern und heute Nacht geregnet hat, haben sich einige Wege zu „Gatschpisten“ gewandelt. Habe mich daher durchgesetzt einen Teil des Weges auf der Straße zu gehen. In unserem Zweierteam wurde das nicht einhellig so gesehen und dementsprechend kommentiert…

Die Landschaft wechselt wieder. Wir bewegen uns zwar immer noch hügelauf und hügelab, doch nur mehr zwischen 150 und 300 m Seehöhe. Durchaus mit Wien vergleichbar. Die Weiden weichen immer mehr dem Ackerland, die Steine in der Landschaft werden weniger, vereinzelt sieht man auch größere Glashäuser.

Ein origineller Wasserspender für die Pilger und eine andere Art der Themensammlung der Sorgen, die man hinter sich lassen will, schaut fast wie in einer Bibliothek aus.

Gegen Mittag kommen wir in Lauzerte, einem mittelalterlichen Städtchen an. Nachdem wir uns den Berg hochgekämpft haben, lässt die beste Ehefrau von allen den angestauten Ärger von heute Morgen raus:

Natürlich gibt’s auch eine Kirche.

Am Hauptplatz treffen wir dann ein interessantes Pilgergrüppchen. Die meisten von ihnen haben einen blauen Sweater an mit dem Camino-Symbol und der Aufschrift „Ultreia“. Die Gruppe besteht aus einigen Kindern, davon das jüngste mit 3 Jahren, 3 Männern, einer Frau und zwei Eseln.

Der Senior des Teams fährt mit dem Gepäck als Servicewagen von einem Treffpunkt zum anderen. Er hat wirklich alles mit, inklusive Grillkohle fürs Grillen. Die anderen wandern mit den Eseln und einem Hund in Richtung Santiago de Compostela. Das jüngste Kind darf reiten.

Ultreia ist ein Ausdruck der Freude des Mittelaters, die hauptsächlich mit der Pilgerreise nach Santiago de Compostela verbunden ist. Es ist ein Ausdruck, den die Pilger in schwierigen Zeiten lancieren und dessen Bedeutung übersetzt werden kann als: „Hilf uns, Gott, immer weiter und immer höher zu gehen“. In dieser Formulierung finden sich offensichtlich die beiden Dimensionen des Weges: die horizontale Dimension des Wesens, das voranschreitet, und die vertikale Dimension, die es uns ermöglicht, uns zu der Einheit zu erheben, an die wir uns wenden.

Auch für uns wird es Zeit, weiter zu gehen.

Wir steigen wieder einmal eine Hügel auf einem schmalen Pfad aufwärts, als zwei umgefallene Bäume den Werg versperren. Für uns ist es kein Problem, unten durchzukriechen, doch die uns nachfolgende Gruppe der Ultreia-Pilger wird es schwer haben, die Esel irgendwie da rüber zu bringen.

Kaum kommen wir aus einer kleinen Kapelle raus, sind die Ultreias wieder da, samt den Eseln und beginnen zu grillen. Der Glaube versetzt offenbar nicht nur Berge, sondern auch Bäume.

Immer wieder geht´s einen Hügel rauf. Wir sind schon ziemlich müde und freuen uns auf unser Ziel.

Endlich ist es geschafft. Wir haben die Mehrbettherberge erreicht nach 36,8 km und der Überwindung von 670 Höhenmetern. Mit zwei Decken ist es uns dann auch fast egal, dass die Herbergen im April nicht mehr beheizt werden. In Sachen Energiesparen haben uns die Franzosen noch einiges voraus.

Das Positive des Tages: Es ist schön, dass sich die beste Ehefrau von allen, die heute nach 32 km einen eingesprungenen Doppelaxel kombiniert mit einem Doppeltoeloop in den Asphalt setzte und bei der Landung etwas patzte, sich nicht ernsthafter verletzte. Knie aufgeschlagen, Hand geprellt und wie der Papst, den Boden geküsst. „Kleinigkeiten“, meinte sie, richtete sich die Krone und marschierte weiter.

2 Kommentare

  1. Na Ihr Beiden.
    Wieder eine tolle Stadt erreicht. Irgendwie liebe ich diese mittelalterlichen Städte und Ortschaften. Die sind auf Deinen Fotos von zu Hause aus genauso schön anzusehen und wesentlich bequemer zu erreichen. 😉
    Ihr habt Euch jetzt offenbar schon auf eine tägliche Strecke von mehr als 30 km eingependelt.
    Ganz ordentlich. Respekt.
    Elfi gute Besserung für ihre Blessuren.
    Ein bisschen sollte sie schon noch trainieren für die Kür.
    Alles Liebe. Elfi M.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein