Als die Donau noch nicht reguliert war, floss sie in vielen Armen neben Wien vorbei. Immer wieder kam es zu Überflutungen und traf die Fischer in ihren Holzhütten direkt am Strom, besonders.
An einem kalten Winterabend saßen zwei Fischer, Vater und Sohn in ihrer Hütte beisammen. Ein kleines Feuer flackerte auf dem Herd. In diesem spärlichen Licht flickten die beiden ihre Netze und sprachen vom kommenden Frühling. Plötzlich wurde es taghell in der Stube, und vor den beiden Männern stand ein liebliches, weißgekleidetes Mädchen mit Wasserrosen im Haar, eine Nixe.
Die Fischer erschraken. Aber das Mädchen sprach mit zarter Stimme: „Keine Angst, ich will euch warnen. Schon morgen schmilzt das Eis, der Strom wird überfließen und diese Hütten hier überschwemmen. Flieht, so rasch ihr könnt!“ Das Mädchen verschwand, so schnell wie es gekommen war. Unverzüglich verständigten die beiden die anderen Fischer in den umliegenden Hütten. Alle verließen die Gegend und zogen in die Stadt.
Und es geschah, wie das Mädchen es vorausgesagt hatte. Das Eis schmolz, die Donau ging über die Ufer und flutete die Fischerhütten. Aber Menschenleben war keines zu beklagen, denn alle Bewohner hatten sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Nach einigen Tagen sank das Wasser wieder. Die Fischer kamen zurück, säuberten ihre Wohnungen, und bald verrieten nur noch die hellen Streifen an den Baumstämmen, wie hoch das Wasser gestanden war.
Es gab viel Arbeit, und die Fischer dachten nicht mehr an die Nixe. Nur der junge Fischer konnte das Mädchen nicht vergessen. Tag und Nacht und überall sah er das zarte Gesicht und das schwarze Haar mit den Seerosen vor sich. Doch im nächsten Augenblick war die Erscheinung gleich wieder verschwunden. Der junge Fischer wurde immer trauriger und verstörter, und eines Tages sah der Vater das Boot herrenlos auf dem Wasser treiben.
Er ruderte hin und befand sich auf dem klarsten Wasser, das er je gesehen hatte. Unter sich erblickte er in einem Garten ein herrliches Schloss mit Marmortreppen. Und zwischen den Bäumen wanderten der junge Fischer und die Nixe Hand in Hand dahin…