Es gibt in Wiens Geschichte einige Kapitel, die uns allen Anlass dazu geben, nicht stolz auf Teile unserer Historie zu sein, sondern sich dafür zu schämen und endlich einmal daraus zu lernen. Gehen wir einmal zurück ins Mittelalter:

Der heutige Judenplatz im 1. Bezirk wurde bereits 1294 als Schulhof erstmals erwähnt. Es war dies ein jüdisches Ghetto, bestehend aus 70 Häusern. In den Hof konnte man durch ein paar Tore kommen, die Häuser wirkten nach außen wie eine Mauer.

Herzog Albrecht V. erfand eine Hostienschändung begangen durch die Juden und versuchte durch Misshandlungen und Folter, durch Erpressung von Wertgegenständen und durch Zwangstaufen die Juden zur Aussiedlung zu bewegen. Wurde die Taufe verweigert, so wurden die Juden in ruderlosen Booten auf der Donau ausgesetzt und treiben gelassen. Viele wählten auch den Freitod, um der Folter oder Zwangstaufe zu entgehen. Der Herzog verkündete aufgrund der angeblichen Hostienschändung in Enns, für alle in Wien verbliebenen Juden den Tod (Gesera = Urteil, Regelung, Bestimmung) am Scheiterhaufen. Das Urteil wurde am 12. März, vor genau 600 Jahren, auf der Gänseweide im 3. Bezirk vollzogen. Eine Gedenktafel in der Kegelgasse Ecke Weißgerberlände erinnert an die mehr als 200 Menschen die lebendig verbrannt wurden.

Heute steht auf dem Judenplatz ein graues quaderförmiges Mahnmal vor dem Jüdischen Museum. Unter dem Mahnmal liegen die Fundamente der Synagoge, die 1421 zerstört wurde. Das Mahnmal selbst erinnert an die Opfer der Schoa, an die 65.000 ermordeten Juden während der NS-Herrschaft. Offen bleibt für mich, wie oft sich die Geschichte wiederholen muss, um wirklich daraus zu lernen.

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